RUANDA, DAS LAND DER TAUSEND HÜGEL

BESUCH UNSERER KAFFEEPRODUZENTEN IM MAI 2024

Ruanda hat an die 13 Millionen Einwohner, die auf 27.000 Quadratkilometern zusammenleben. Flächenmäßig ist dies ein Drittel von Österreich mit einem Drittel mehr an Menschen. Das Durchschnittsalter liegt bei 19,2 Jahren – in Österreich bei 43,2 Jahren (2022).

Es ist eines der schönsten Kaffeeanbaugebiete Afrikas, das wir bisher besucht haben. Der Kaffee wächst nicht als Monokultur, ist kein Plantagenkaffee, sondern wächst inmitten von vielen lokalen (Nutz)pflanzen, wie Bananen, Avocados, Hirse uvm. – so wie ursprünglich vorgesehen. Wir wurden sehr herzlich willkommen geheißen. Unsere 1. Station: Kigali, die Hauptstadt, auf 1.500 Metern Seehöhe. Pulsierend, jung, verstopft von Verkehr, sauber.

Was haben wir wahrgenommen? Schöne, herzliche, anmutige Menschen. Viele Schattierungen: Businessleute durch und durch neben jungen Arbeitslosen mit und ohne Beschäftigung. Armut und materielle Schlichtheit neben zur Schau gestelltem Besitz.  Emotionaler Reichtum mit viel Freiheit, Lachen und Unbeschwertheit neben gefühlten Begrenztheiten hinsichtlich Bildung, Lebenskomfort und medizinischer Versorgung.

Schockierende Geschichte: Genozid 1994. Bis Mitte Juli 1994 wurden nach unterschiedlichen Quellen 800.000 bis 1.000.000 Menschen ermordet. Dem Genozid fielen etwa 75 Prozent der in Ruanda lebenden Tutsi zum Opfer, ebenso etwa ein Drittel der Twa. Auch moderate Hutu, die sich nicht beteiligen wollten oder sich aktiv gegen die Gewalt einsetzten, wurde das Leben genommen.

Unsere Verbindung zu Ruanda entwickelte sich durch Immaculae Steinlechner. Sie ist eine Ruandesin / Tutsi, die als Kind nach dem Völkermord in Tirol adoptiert wurde. Ihre gesamte Familie fiel dem Völkermord zum Opfer. Seit ein paar Jahren widmet sich Imma ganz dem Kaffee aus ihrer Heimat und stellt so eine wichtige Brücke zwischen Österreich/Europa und Ruanda her.

Unsere 2. Station: Lake Kivu ist der Mittelpunkt unserer Reise und die Herkunft unseres Kaffees. Der Kivu See bildet die Grenze zum Kongo, ein Land in ständiger Spannung mit Ruanda. Der See ist  2.400 km² groß und 480 m tief. 58 % des Sees gehören zur Demokratischen Republik Kongo, 42 % befinden sich auf der ruandischen Seite. Lake Kivu ist ein Kratersee und einer der größten Seen Afrikas mit 250 Inseln, von denen sich 56 auf der Seite Ruandas befinden. Auf einer dieser Inseln befindet sich „unser“ Kaffeegebiet. Wir können die Kooperativen / Washing Stations nur mit dem Boot erreichen. Für uns sehr idyllisch, für die Anlieferung und den Abtransport des Kaffees eine Herausforderung. Es gibt zwar einen Zugang über den Landweg, der jedoch sehr umständlich ist. Unser bisheriger Kaffee aus Ruanda kommt von der Washing Station / Kooperative COOCAMU. Josias Harerimana leitet diese neben zwei weiteren am Kivu See. Er ist dort beheimatet und genießt das Vertrauen vieler Kaffeebauern der Umgebung. Mit ihm und seinem Team konnten wir uns während unseres Besuches rege austauschen und über die Besonderheiten der Region informieren.

Unser gegenwärtiger Ruanda ist ein FULLY WASHED Arabica der Varietät Bourbon. Diese Varietät ist die vorherrschende in Ruanda – vergleichbar mit dem GRÜNEN VELTLINER in Österreich. Diese Reise nützen wir unter anderem, um einen ansprechenden Arabica der NATURAL Aufbereitungsmethode zu finden. Auf der zweiten Washing Station von Josias mit dem Namen BWIZHASA werden die speziellen Verarbeitungsprozesse durchgeführt. Dazu zählt die Verarbeitung der NATURALs – d.h. vereinfacht gesagt die Trocknung der gesamten Kaffeekirsche. Hinter diesem Prozess steckt jedoch viel Knowhow über den richtigen Erntezeitpunkt, Selektion und Hygiene, die richtige Trocknung, Lagerung, Schälung und vieles mehr. Das Treiben auf der Washing Station ist sehr bunt und rege. BWIZHASA wurde erst vor kurzem errichtet. Ins Auge fällt das neue Equipment, die Sauberkeit und gute Organisation. Der junge Agraringenieur Samuel managt vor Ort die gesamte Abwicklung der Kaffeeverarbeitung. Viele junge Menschen leisten gute Arbeit.  Das Resultat ist eine feine Kaffeequalität in der Tasse.

Aus der Diskussion mit Josias und seinem Team ergeben sich für uns viele nützliche Erkenntnisse. So sind für die guten Qualitäten bestimmte Gegebenheiten wichtig: die direkte Anlieferung unmittelbar nach dem Pflücken der idealerweise reifen Kirschen sowie die sofortige Weiterverarbeitung. Jene Bauern, die in der näheren Umgebung der Washing Station ihre Kaffeebäume bewirtschaften, können diese Kriterien erfüllen. Darüber hinaus, weiß man von welchem Bauern die Kirschen stammen, das macht sie rückverfolgbar. Vergeht allerdings zwischen Ernte und Anlieferung bzw. Verarbeitung ein längerer Zeitraum (ein halber Tag und mehr), so entstehen – durch das längere Liegen der Kirschen in der Wärme – Fehlgeschmäcker (vergleichsweise mit überreifem Obst, das zu gären beginnt). Das passiert, wenn Bauern aus entfernteren Gebieten ihre Kirschen mit dem Boot als Sammellieferung zur Washing Station bringen.  Auf der Kooperative machen wir eine Blindverkostung zwischen Kaffees aus sofort verarbeiteten Kaffeekirschen und jenen, die nicht sofort verarbeitet wurden. Das Ergebnis zeigt einen deutlichen Unterschied zugunsten des frisch verarbeiteten und rückverfolgbaren Kaffees. Dieser ist sehr sauber, viel süßer und zeigt insgesamt spürbar feinere Aromen.

Für das kommende Jahr bekommen wir das Angebot bei der Ernte unseres Kaffees vor Ort zu sein. Wir werden unsere benötigte Kaffeemenge vorfinanzieren. Das gibt der Kooperative Planungssicherheit und uns die Möglichkeit auf die Qualität Einfluss zu nehmen. Weitere Projekte für eine gute Zusammenarbeit sind angedacht. Dies soll zu einer WIN-WIN-Situation führen.

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